Pole Dance – »Barrenturnen, nur vertikal ?«

Pole Dance – »Barrenturnen,  nur vertikal ?«

Do it with passion or not at all.

Es gibt ihn sogar als Weltmeisterschaft, den Pole Dance. Den guten alten Tanz an der Stange. Von leichten Frauen, mit viel nackter Haut, gekonnter Striptease. So das Klischee. Was heute so nur noch in der rotbeleuchteten Bar nähe Bahnhof zu finden ist, oder in privater Atmosphäre, ganz anderswo, etabliert sich in Deutschland immer mehr als Fitnessdisziplin. In den Pole Dance Studios trainieren Frauen, die sich fit halten wollen. Das ist gut so, denn so bekommt die Stangengymnastik Zuspruch aus der Mitte der Gesellschaft – und zieht ein breites Publikum an. Schade nur, daß dies oft mit Prüderie einhergehen muß; es gibt so manchen aus dem Lager der Sport- Pole Dancer, der, in Hoffnung aus ihrem Sport eine olympische Disziplin zu machen, jeglichen erotischen Flair im Keim  ersticken will. Zu dumm nur, dass dieser Flair fast schon natürlich aufkommt, wenn sich ein trainierter Körper akrobatisch an der Stange übt. Und so mutet einem das Bemühen den Pole Dance allein als Turndisziplin zu sehen, etwas dilettantisch an. Denn, warum darf eine Sportart nicht auch sexy sein. Beachvolleyball im Ganzkörperturnanzug? Poledance ohne jede Laszivität? Möglich, aber warum nur. Sport lebt auch von der Begeisterung, die er entfacht. Fußball zB. ist auch mehr als das Phänomen, daß jeweils zehn Männer einem Ball hinterherrennen. Da wird der „Ball gestreichelt“, der Ball von der Linie gekitzelt, Flankengötter benannt…

Spielwiese der Männer-Erotik.

Und so lebt auch der Pole-Dance von seiner Darstellung. Seiner Schönheit, seinem Anmut und seinen kräftigen Gesten an der Stange. Das darf Man(n) auch anreizend finden. Noch dazu, wenn man sich vor Augen hält, daß sich mittlerweile auch Männer ihr Glück an der Stange versuchen. Gleiches Recht für alle. Solange es beim „Sehen“ bleibt. Denn das Sehen, wie sich Körper an der Stange exponieren, macht Spass. Manchmal ist es verruchter als üblich. Dann, wenn der Körper zusätzlich tätowiert ist. Dann gibt es viel zu sehen.

Dance like nobody’s watching.

Dass dies freilich in der Geschichte des Pole Dance einmal anders war, soll aber nicht verschwiegen sein. Als Instrument männlichen Machotums, das die Frauen degradiert, unverhohlen anmacht und ausbeutet. Als Freifahrtschein zu begrabschen, gönnerhaft sein Geld auszuspielen und sexistische Sprüche anzubringen. So etwas sollte nirgendwo geduldet werden. Nicht einmal in einer Rotlichtbar, schon gar nicht im Fitnessstudio. Die Kontrolle über ihre Kunst sollte allein die Frau, oder der Mann, haben. So ist es gut, wenn der Pole Dance einerseits als „Barrenturnen, nur vertikal“, bezeichnet wird. Anderseits hat der Zuschauer einen wunderbaren Mehrwert: es sieht einfach unglaublich aus, wozu ein Körper an der Stange fähig ist: sportlich, kräftig, sinnlich und wunderschön… meistens jedenfalls.

Autor: Julian Bachmann