Lexikon von Dirk-Boris Rödel
Die Faszination, die der Tod auf Menschen ausübt, rührt wohl daher, dass er jeden einzelnen Menschen betrifft, dass man aber gleichzeitig praktisch nichts über ihn weiß. Ist der Tod das Ende? Oder ist er ein Übergang? Ist mit dem Tod alles aus oder ist er lediglich eine Schwelle zu einer anderen Daseinsform?
Spätestens ab dem Zeitpunkt, ab dem Menschen ihren Verstorbenen Beigaben mit ins Grab legten, schien für sie klar zu sein: es muss auf der anderen Seite irgendwie weiter gehen.
Im alten Ägypten war man so fest von einem Leben nach dem Tod überzeugt, dass sich der größte Teil des wirtschaftlichen und kulturellen Lebens um die Erschaffung von Bauwerken und die Ausarbeitung religiöser Ritualen drehte, die das Leben im Jenseits gestalten sollten.
Der Tod wurde also nicht immer schon grundsätzlich als schlimm und finster wahrgenommen und in vielen Kulturen galt ein ruhmreicher Tod sogar als erstrebenswert.
Erst, als mit den Pest-Epidemien des Mittelalters die Todesrate weit über das normale Maß anstieg und teilweise ganze Dörfer und Städte entvölkerte, wurde der Tod, der bislang als ein natürlicher Teil des Lebens angesehen und akzeptiert wurde, als übermächtig und bedrohlich wahrgenommen.
Totentanz-Bilder gaben dem Abstrakten Begriff des Todes die Gestalt eines tanzenden Skeletts, oft in Fetzen gekleidet. Die Sense, die der Gevatter Tod oft in der Hand hält, symbolisiert, wie er die Menschen aus dem Leben schneidet, so wie der Bauer das reife Getreide erntet. Eine weitere solche Analogie findet sich in der Bezeichnung »Gottesacker« für den Friedhof; es ist ein »Acker«, aus dem sie Seelen der Toten ins Himmelreich aufsteigen sollen wie das Korn auf dem Feld, das gen Himmel wächst.
Text: Dirk-Boris Rödel
Grafik: Jonas Bachmann