Nachgestochen 2
Die Kolumne von und mit Leo Leonhard
Heute: O’gstochen is
Da ist sie wieder – die Jahreszeit, wo lebensmüde Australier im Rudel über die Lindwurmstraße pilgern. Wo Engländer, dem herbeigerufenen Taxifahrer liebevoll auf seine Mini-Perserteppiche kotzen.
Wo Italiener sich in Azurro Blau anhäufen und jeden und alles heiraten möchten, wenn es weiblich ist. Und nicht zu vergessen, die im Champagner Tonkrug saufende Münchner Schickeria, die sich notgedrungen vom leidigen Blitzgewitter der bestellten Paparazzi ablichten lassen müssen.
Ach – das Oktoberfest, wo Hendl und Ochs sich die Ehre geben. Wo die Dirndl Lebkuchenherzl kriegen von besoffenen Buam. Wo Tradition auf hässliche Modetracht trifft und wo beste Freundinnen sich spontan dazu entschliessen, die 20 Jahre bestehende Freundschaft mit einem gemeinsamen Freundes-Tattoo zu festigen. Das gibt bestimmt auch mächtig viele Herzl auf Instagram und ein Hashtag „Happy Me“. Gerne aber auch „Enjoy Life“.
Tattoo Studios „enjoyen“ das Oktoberfest Life dabei nicht ganz so sehr. Am liebsten und am schlausten sollte man in dieser Zeit den Laden zu machen – wäre da nicht die reguläre Kundschaft.
Denn gerade noch mit der Freundin gefeiert, entpuppt sich das so sehr gewollte Brez’n Arschgeweih bei abklingendem Rausch am nächsten Tag als grober Fehler.
Walk-In lieber ins Bierzelt sollte die Devise sein, als in das schon genervte Studio. Weil die Mädels, die gerade noch beschlossen haben sich die Initialen der besten Freundin ins G’nack stechen zu lassen, gar nicht allein sind mit dieser gut überdachten Idee. Tausende von Bier- beziehungsweise Trinkkultur-Touristen kamen zufälligerweise gerade auf die selbe spontane Idee, wie unsere beiden allerallerbestesten Freundinnen.
Aber vielleicht ist es besser den letzten Rausch, oder den daraus entstandenen One-Night-Stand zu bereuen, als das gemeinsame unüberlegte „Brez’l Best Friends Forever Tattoo“.
In diesem Sinne möchte ich mit folgender gehaltvollen Aussage abschließen: Don’t drink and ink.