Fandom – What are you looking at?
Heute soll es um das „Fan sein“ gehen, und welche Schritte Fans bereit sind zu gehen, um ihrem Idol zu huldigen. Klar, dass sich das auch auf Tattoos bezieht, denn nichts bringt einen seinem Objekt der Begierde näher, als sich dessen Konterfei ins Gesicht tätowieren zu lassen. Dies soll Anfang des Jahres die australische Sängerin Kelsey Karter mit dem Kopf des One-Direction-Sängers Harry Styles gemacht haben; sie ließ ihn sich einfach auf die rechte Backe stechen und war damit in aller Munde. Kurze Zeit später stellte sich das aber als ein Werbegag heraus, Karter wollte nur Aufmerksamkeit für ihr eigenes Musikstück „Harry“ erregen. Das Tattoo, nur ein Make-Up Dummy. Aber gibt es solchen Fan-Kult, bei dem sich die Fans ihre Lieblinge oder Lieblingsmarken tätowieren lassen, wirklich? Im Kleinen natürlich auf alle Fälle. So schmücken zB. unzählige „Michael Jacksons“ viele Arme und Beine. So beweist der wahre Fan seine Leidenschaft. Dass manch einer, angesichts der neuesten Enthüllungen, aus seinem „Michael Jackson“ momentan gerne ein anderes Idol machen würde, bleibt Randerscheinung. Denn gerade das Tattoo, als lebenslanges Zugehörigkeitszeichen, stellt seinen Besitzer als wahren Fan dar, der auch angesichts von Gegenwind unbeirrbar zu seinem Idol steht.
Als „Fandom“ wird das „Fan“omen bezeichnet, wenn der Fankult eventuell etwas übertrieben erscheint. Sind die Antlitze der Stars auf der Haut verewigt, ist das eine gute Sache. Man outet sich als Fan, zeigt etwas von seiner Obsession, und darf sich als Teil einer Bewegung verstehen. Problematisch wird das nur, wenn es zu einen regelrechten Sportkampf wird, den anderen Fan zu übertreffen. Dann steigert sich das Fan-tum ins Unermessliche, und gerade die Wappen, Markenzeichen im Gesicht sind ein Ausdruck davon. ManchTräger unterscheidet sich kaum mehr von einer Litfasssäule. Fußballfans tun sich dahingehend besonders hervor. Da werden die Fußball-Wappen oder das gesamte Trikot des Lieblingsvereins komplett auf die Brust tätowiert, oder gleich ganze Spieler auf die Haut übertragen, so wie beim französischen Fan, der sich den Spieler N’Golo Kante auf den Rücken tätowieren ließ. Das wiederum bringt mich auf eine Geschichte, die wirklich wahr ist. Da hatte ein Mädchen das Portrait ihres Vaters großflächig über ihren Rücken tätowiert. Ihr Freund hielt es dann nicht mehr lange in der Beziehung aus: die Vorstellung, das Schäferstündchen zusammen mit seinem Schwiegervater zu verbringen, trieb ihn zur Verzweiflung, so dass er ging. In diesem Fall führte die Verehrung des Mädchens zu ihrem Vater zum Beziehungsende. Es ist nämlich auch die Frage, wie ein Fan-Tattoo in der Beziehung, bzw. der Partnerschaft, zu handhaben ist. Was, wenn der Partner kein FC_Bayern Fan ist, und ein Lothar Matthäus schaut unentwegt vom Oberarm der Liebsten. Oder die Freundin hasst StarWars, und überall sind da Luke Skywalker & Co. Schlussfolgerung: Der Partner sollte also den Fan-Kult nicht nur nachvollziehen können, sondern selbst Fan desselben sein; erst dann passt alles zusammen. So kann man seine Leidenschaft teilen, und hat weitreichendes Verständnis für etwaige Fan-aktionen.
Für die Stars ist das alles natürlich kostenlose Werbung. Diese feine Linie, ob ein Tattoo für sich selbst gewollt ist, oder allein der Publicity für den Star dient, verschwindet gerade in Instragramzeiten immer mehr. Dennoch ist es ratsam, darüber nachzudenken, wieviel Fandom in den eigenen Tätowierungen vorhanden sein soll, wieviel ich wirklich vertreten kann, und nicht nur auf der Energie einer fremden Welle mitschwimme, die dann aber möglicherweise bald endet. Der Einzelne und seine Entscheidung für ein bestimmtes Tattoo stehen immer zwischen Selbst- und Fremdbestimmung.
(Text: Julian Bachmann)